Urban Sketching – ein neues Element im MBA Performance Leadership

Im Zuge des digitalen Arbeitens wird gerade die psychologische Führung immer wichtiger, das heißt: Führen mit Empathie, Vertrauen statt Kontrolle, Interesse entgegenbringen, regelmäßige Feedbacks geben. Hinzu kommt die wachsende Bedeutung des Storytellings als unabdingbares Element, Mitarbeitende auch über weite Distanzen hinweg an das Unternehmen zu binden – durch emotionale Geschichten wird Führung auch in der Ferne präsent.

Genau diese für Führungskräfte immer wichtigeren Fähigkeiten trainiert der MBA Performance Leadership auf ganz unterschiedlichen Ebenen – und hat dazu jetzt noch eine weitere, innovative Lernmethode ins Programm genommen: Die Designerin und Künstlerin Gisa Gericke macht die Studierenden mit dem „Urban Sketching“ vertraut, das für Führungskräfte und deren künftige Aufgaben einen starken Impact hat. Denn diese Methode basiert auf einer guten Beobachtungsgabe, dem Einnehmen verschiedener Blickwinkel, der Fähigkeit, sich in verschiedene Situationen hineinversetzen zu können – und der Fähigkeit in Bildern als ein wesentliches Element von Stories zu denken.

Gisa Gericke vermittelt den MBA-Studierenden als Designerin und Künstlerin das Konzept des Urban Sketching

Integriert ist das Urban Sketching in ein abschließendes Seminar des MBAs zu den Zukunftsperspektiven von Führung, in dem die Studierenden ihr gesamtes Studium noch einmal reflektieren. Ihre individuellen Perspektiven tragen die Absolventen dann in einem einzigartigen Projekt zusammen: dem Master-Yearbook „Future Leadership and Performance“, in dem nun erstmalig auch mit dem Urban Sketching gearbeitet wird.

Was genau es damit auf sich hat, erklärt uns Gisa im Interview:

Was genau ist Urban Sketching?

Urban Sketching ist, vereinfacht gesagt, das Zeichnen vor Ort. Daraus entstehen urbane Skizzen, die drinnen oder draußen angefertigt werden und die direkte Beobachtung der Skizzenzeichner*innen festhalten. Dazu verwendet werden alle Arten von Medien.

Eine Skizze des Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg

Wie bist du selbst zum Urban Sketching gekommen?

Ich selbst mache Urban Sketching seit 2020, wobei ich auch schon früher auf Reisen Zeichentagebücher und Skizzenbücher geführt habe. Dann gab es eine längere Pause – bis mich eine ehemalige Arbeitskollegin und Freundin aus Zürich wieder darauf hinwies. Daraufhin habe ich hier geschaut und bin auf die „Urban Sketchers Rhein Main“ gestoßen. Dort zeichne ich in den letzten Jahren bei den monatlichen Treffen oder Projekten mit, sofern ich Zeit habe. Ein kleines „Chapter“ gibt es auch in Mainz, das sich meist alle 14 Tage trifft. Dort bin ich auch hin und wieder dabei.

Wie hat sich das Urban Sketching entwickelt, entspringt es einer bestimmten Tradition?

Die Geschichte des Urban Sketching beginnt 2007, und zwar mit einem Online Forum des in Seattle lebenden Journalisten und Illustrators Gabriel Campanario, das sich an alle Skizzenzeichner*innen da draußen wandte. Daraus entstand eine globale Gemeinschaft und gemeinnützige Organisation, die in Washington, USA, eingetragen ist und eine Basisgemeinschaft von Sketchern unterstützt und vertritt. Mittlerweile gibt es solche „Chapters“ überall auf der Welt, auch in den meisten Städten und Orten Deutschlands. Und wann immer man irgendwo unterwegs ist, kann man sich den Gruppen vor Ort anschließen und mitzeichnen. Das Teilen der Zeichnungen online ist ebenfalls Teil des „Usk-Konzeptes“.  Das Schöne daran ist, dass es eine lose Vereinigung ist, kein Verein, keine Verpflichtung, jeder kann dazukommen und mitmachen, ganz nach Zeit und Möglichkeiten. Es sind alle möglichen Menschen, Nationalitäten, Altersgruppen und Berufe vertreten. Jeder findet am Treffpunkt sein eigenes Motiv, seinen Blickwinkel auf den Ort, das Geschehen, die Details, die Menschen, die Farben. Am Ende eines Treffens werden in der Regel die entstandenen Sketches/Zeichnungen ausgelegt und betrachtet. Es ist immer aufs Neue faszinierend, wie unterschiedlich die Wahrnehmung eines Ortes oder Geschehens ist. So entsteht jedes Mal ein spannend diverses Gesamtbild.

Wie können die Studierenden des MBA Performance Leadership vom Urban Sketching profitieren?

Sich diese Diversität immer wieder zu vergegenwärtigen, zu verbildlichen, macht aufmerksam und demütig und lehrt, hinzuhören und hinzuschauen, was andere Menschen sehen, begreifen und wahrnehmen. Es macht deutlich, dass wir diese Diversität nutzen sollten – auch für die Lösung von alltäglichen, beruflichen und gesellschaftlichen Aufgabenstellungen und Problemen.

Eine Szene im Studienbetrieb des MBA Performance Leadership

Genau hier liegt der Ansatz für die Ergänzung zum Seminar des MBA Performance Leadership. Denn eigentlich alle Menschen, die ich in den letzten Jahren beim oder durch das Sketching getroffen habe, sagen, dass es ihre Wahrnehmung anderer Menschen und Orte verändert, bereichert hat.

Zusätzlich zum Urban Sketching möchte ich den MBA-Studierenden auch das „Visualisieren“ generell nahebringen. Denn wir Menschen denken und erinnern in Bildern. So ist es unendlich viel effektiver, Inhalte nicht nur auf verbaler Ebene, sondern auch in bildlicher Sprache weiterzugeben.

Inhalte werden in der Verknüpfung von Wort und Bild erheblich besser erinnert. Und wenn man die Fähigkeit entwickelt, in Besprechungen oder Seminaren seinen Vortrag mit eigenen kleinen Skizzen, Bildern zu ergänzen, ist die Kommunikation deutlich einfacher und klarer. Worte sind viel individueller mit Bedeutung belegt als Bilder. Und bei Bildern kann man viel schneller erkennen, ob man das gleiche meint.

Wie bindet sich das Urban Sketching in das Seminar des MBA Performance Leadership ein?

Im letzten Semester des MBA findet noch einmal eine Rückschau auf das gesamte Studium statt und die verschiedenen Lernorte, Lerninhalte und die Lernkultur werden noch einmal systematisch reflektiert. Um daraus Facetten für die Visualisierungen zu finden, wird zunächst mit einer Stoffsammlung begonnen. Das heißt, es werden zunächst völlig unsortiert Dinge, Gegenstände, Inhalte, Emotionen, Eigenschaften, Tätigkeiten, Schwerpunkte, Personen, Übungen etc. notiert. Die Sammlung kann im weiteren Verlauf beliebig ergänzt werden – in Worten, aber eben auch gern mit kleinen Scribbles oder einer Kombination aus beidem. Am Ende entsteht aus alldem eine Liste mit Themen, die von den Studierenden im Laufe des Moduls visualisiert werden.

Welche Herausforderungen hält das Urban Sketching oder Visualisieren bereit?

Die einzige Schwierigkeit ist, dass die meisten Menschen glauben, sie könnten nicht zeichnen. Dabei kann dies jeder – allein die Bewertung, die wir im Laufe des Lebens erfahren, hält uns davon ab, diese wertvolle Sprache zu nutzen.

Liebe Gisa, vielen Dank für diese spannenden Einblicke in die Methode des Urban Sketching!

Mehr zu den Arbeiten von Gisa Gericke finden Sie unter: @13wunder und www.gisagericke.de

Christian OttoChristian Otto
Studiengangskoordination MBA Performance Leadership

Digitaler Fingerabdruck:
„Die Digitalisierung verändert mehr als das Medium.“

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