Die Digitalisierung schreitet voran – und die Forschung greift dieses Trendthema auf.
Die Zitationsdatenbank Scopus enthält 55 Millionen Einträge. Rund 22.000 wissenschaftliche Journale von 5.000 Verlagen werden durch Scopus erfasst. Seit 2004 sorgt die internationale Verlagsgruppe Elsevier, die selbst jedes Jahr tausende wissenschaftliche Publikationen herausbringt, so für ein aktuelles Spiegelbild der weltweiten Forschung in sämtlichen Disziplinen.
Eine Scopus-Recherche zu „Digitalisierung“ zeigt, wie sich das Thema über die Jahre verbreitet hat: Insgesamt 3.891 wissenschaftliche Dokumente wurden veröffentlicht. Auch wenn diese Daten nur sehr grob sind und angesichts der Vielfalt der Herkunftssprachen nicht ganz sauber, belegen sie eindrücklich den Trend der Digitalisierung. Konjunktur hatte das Thema erstmals in den 1970er-Jahren. Danach hielt sich der Niederschlag in der Forschung über gut 20 Jahre auf dem gleichen Niveau. Ab der Jahrtausendwende nahm das Interesse gewaltig zu. Von einem kleinen Einbruch infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise abgesehen hat sich daran bis heute nichts geändert. Die grafische Umsetzung der Scopus-Recherche legt ein Sprachbild nahe: Digitalisierung „macht die Welle“ (Grafik oben). Auch für die Kombination „Digitalisierung“ und „Arbeit“ zeigt sich dieser Trend (Grafik unten).
Spannend ist der Ländervergleich: China liegt mit 539 Dokumenten vor den USA (446), Deutschland (382) und Italien (159) (Grafik unten). Schauen wir uns die Auswertungen zu diesen Ländern genauer an: Ein Ergebnis ist, dass die Digitalisierung in den USA schon seit vielen Jahren eine Rolle spielt. Die Kurve steigt in jüngster Zeit an, genauso in Deutschland, aber es ist nicht so, dass wir es mit einem gänzlich neuen Thema zu tun hätten. Anders die Situation in China: Bis zur Jahrtausendwende hat sich dort fast niemand mit der Digitalisierung beschäftigt – und dann ist das Interesse geradezu explodiert. Bemerkenswerterweise hat Italien eine ähnliche Entwicklung durchgemacht.
Die Präsenz des Themas in den Fachpublikationen macht deutlich, dass die Digitalisierung eine der größten Herausforderungen ist, denen sich Unternehmen stellen müssen. Strukturen und Prozesse verändern sich, neue Verfahren und Schnittstellen entstehen. In digitalen Arbeitsstrukturen ist es nicht mehr so wichtig, dass die Beschäftigten in physischer Nähe mit ihren Führungskräften zusammenarbeiten. Führen auf Distanz setzt sich durch.
Das hat für die Wissenschaft zur Folge, dass das Thema „E-Leadership“ in den Fokus rückt. Mithilfe von Scopus können wir auch diesen Trend dokumentieren (Grafik oben). Digitalisierung und Vernetzung verlangen Führungskräften ein neues Selbstverständnis, eine neue Haltung ab. Sie müssen mehr medial, technologiegestützt führen, aber gleichzeitig dürfen sie die soziale Dimension von Führung nicht außer Acht lassen: Vertrauen, persönliche Bindung, direktes Feedback sind in der digitalen Arbeitswelt wichtiger denn je.
Prof. Dr. Sabine Remdisch
Digitaler Fingerabdruck:
„Die Führungskraft auf Distanz wird weniger als Entscheidungsträger gebraucht, stattdessen müssen ihre Hauptfähigkeiten im Beziehungsmanagement liegen.“