Das Internet der Dinge lebt von Big Data, der systematischen Gewinnung und Analyse riesiger Datenmengen. Aber wollen wir wirklich unsere Daten preisgeben?
Im Silicon Valley dreht sich alles ums Netzwerken, wie ich heute Abend mal wieder bei einer Veranstaltung der German American Business Association (GABA) feststelle. SAP hat in seine Niederlassung in Palo Alto eingeladen. „IoT – Life Changing Disruption: Innovation, Collaboration, New Business Models“ lautet das Thema. Das Kürzel IoT – Internet of Things, zu Deutsch: Internet der Dinge – treibt viele Unternehmen um, die im Silicon Valley und anderswo über sich selbst steuernde Fabriken, neue Logistikketten oder intelligente Bekleidung forschen. Als Referenten sind an diesem Abend Prof. Dr. Stefan Kowalewski, Softwareexperte an der RWTH Aachen, Bud Broomhead, Gründer der IoT-Schmiede Viakoo in Mountain View, die SAP-Managerin Nayaki Nayyar und Syed Zaeem Hosain, Gründer von Aeris Communications, einem Unternehmen für Maschine-zu-Maschine-Kommunikation in Santa Clara, angekündigt.
Das Publikum ist deutsch-amerikanisch gemischt, ganz im Sinne der Mission von GABA: Die Non-Profit-Organisation fördert den transatlantischen Wissensaustausch und das Networking zwischen der deutschen und der kalifornischen Wirtschaft. Unter den Mitgliedern finden sich Manager von High-Tech- und Life-Science Unternehmen, Banken und Wagniskapitalgebern, hinzu kommen Regierungsvertreter, Anwälte, Berater. Auf den Veranstaltungen im Silicon Valley und in Deutschland geht es um Perspektiven für Wirtschaft, Industrie, Führung sowie um den interkulturellen Dialog.
Agil und innovativ
Bei aller Gemeinsamkeit, die die GABA-Mitglieder betonen, lassen sich die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Business nicht leugnen. Neben dem eigentlichen Thema des Abends klingen sie immer wieder an, gewürzt mit einer Prise Humor. Beispiel: Deutsche kümmern sich zuerst um die Regeln, während die Leute im Silicon Valley einfach loslegen und machen. Planung trifft auf Spontaneität. Für Startups ist, wie ich finde, Spontaneität wichtiger. Sie müssen agil, innovativ sein, um zu überleben. Heute verfolgen sie die eine Idee, morgen eine andere. So bleiben sie im Fluss und erfinden sich täglich neu.
Nach Get-together, Häppchen und Getränken sind die Zuhörer gespannt auf die Vorträge. Zwischendurch wird viel diskutiert, fast jeder sieht Berührungspunkte zwischen dem, was die Referenten berichten, und dem eigenen Arbeits- und Lebensumfeld. Aus den lockeren Gesprächen höre ich dieselben Stichworte heraus: Collaboration, Platforms, shared data. Unternehmen entdecken neue Formen der Zusammenarbeit – wieder ein Beweis für die allgegenwärtige Vernetzung.
“It’s a journey, not a step!”
Das Internet der Dinge macht vieles möglich, Kunden und Dienstleister justieren Prozesse neu, alle haben Anteil an Big Data. Die komplette Transformation der Business-Modelle funktioniert nicht von heute auf morgen: „It’s a journey, not a step!“ Dafür benötigen die Unternehmen Spezialisten, die Big Data systematisch auswerten – ein Berufsfeld mit Zukunft. Diese Experten werden künftig überall gebraucht. Entsprechend klettern die Gehälter für Data Analysts. Wenn ich heute noch einmal studieren würde, dann Data Analytics, sage ich mir.
Nur die ganzen Daten zu sammeln, bringt den Unternehmen nichts. Entscheidend ist der nächste Schritt: Die Daten müssen systematisch analysiert werden. Das erzeugt Mehrwert. Richtig spannend wird es, wenn Unternehmen Big-Data-Lösungen in Echtzeit umsetzen. Aber, wie gesagt, dazu müssen sie mehr Data Analysts einstellen, und die sind rar. Was nicht das einzige Problem ist: Datensicherheit gehört zu den großen Themen im IoT-Bereich. Viele Kunden wollen ihre Daten nicht einfach hergeben. Sie pochen auf „Ownership“, was das Recht einschließt, den finanziellen Nutzen aus ihren Daten selbst einzustreichen. Hier stehen die Unternehmen vor der Aufgabe, ihre Kunden zu überzeugen, dass Data Sharing allen etwas bringt.
Und wieder sind wir bei den kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und den USA angelangt: Ich frage mich, ob wir Deutschen mit unserer Regelungswut und unseren Ängsten vor Datenmissbrauch nicht Gefahr laufen, die technologische Entwicklung zu Big Data hin zu verpassen. Wenigstens hat die junge Generation keine Probleme, ihre Daten zu teilen. Alles eine Frage des Abwägens: Was ist das größere Risiko – an einer Innovation nicht teilzuhaben oder Daten preiszugeben?
Prof. Dr. Sabine Remdisch
Digitaler Fingerabdruck:
„Die Führungskraft auf Distanz wird weniger als Entscheidungsträger gebraucht, stattdessen müssen ihre Hauptfähigkeiten im Beziehungsmanagement liegen.“