Mobile Geräte begleiten uns auf Schritt und Tritt und verändern unser Leben immer wieder aufs Neue. An der Stanford Universität hilft daher ein Kurs, digitale Entwicklungen wie Smartphone & Co. zu verstehen, statt von ihnen in die Tasche gesteckt zu werden.
Es ist Donnerstagabend, 19 Uhr. Wie zu Studierendenzeiten mache ich mich auf den Weg über den Stanford Campus zum Seminarraum, den ich heute nicht als Lehrende, sondern als Lernende betrete: Ich besuche das Seminar „The Mobile Formula: The Three Rules behind the Most Successful Mobile Products“, das in der Reihe „Stanford Continuous Studies“ läuft. Dass der persönliche Umgang sowie das Business mit mobilen digitalen Geräten in der Tat ein lebenslanges, kontinuierliches Lernen voraussetzt, wird gleich in den ersten Stunden dieses Kurses klar.
Meine Mitstudierenden sind zumeist Berufstätige mit Praxishintergrund, die sich hier berufsbegleitend am Abend weiterbilden. Das Seminar läuft über acht Wochen, eine Kurseinheit beinhaltet je zwei Stunden; insgesamt sind wir 20 Teilnehmende. Da ist zum Beispiel meine chinesische Mitstreiterin, die bei WeChat, einem chinesischen Chat-Dienst für Smartphones (vergleichbar mit dem bei uns bekannten WhatsApp) arbeitet. Oder unser Kommilitone aus dem Engineering bei Mercedes sowie ein Teilnehmer, der sich hauptberuflich um die Entwicklung von Gesundheits-Apps kümmert. Die beruflichen Hintergründe der Lernenden sind dabei ebenso vielfältig wie die geografischen: Das Seminar ist international besetzt, nur acht Personen sind in den USA geboren. Und ob Entrepreneur, gestandener Produkt-Manager, schneidiger Marketing-Experte, ob direkt in der Digitalbranche tätig oder im tagtäglichen Berufsalltag mit mobilen Geräten konfrontiert – jeder will lernen, wie man sie bewältigt, die mobile Revolution in den Unternehmen, und was hinter erfolgreichen mobilen Produkten steckt.
Denn mobile Produkte sind allgegenwärtig, begleiten uns täglich und überallhin. Sie verbinden uns weltweit, stärken Verbrauchermacht, werden zur Erweiterung unseres Selbst. Wir sind vom langsamen, zeit- und ortsgebundenen Menschen zum dynamischen Kommunikationsprofi geworden. Und Unternehmen, die in diesem Sektor erfolgreich sein wollen, müssen mobile Produkte produzieren, die Maßstäbe setzen und selbstbestimmtes Handeln unterstützen und verbreitern. Diesen Zielsetzungen entspricht auch der Lerninhalt meines Seminars: Jeder Studierende wählt ein mobiles Produkt und erarbeitet sich dessen „mobile Formel“.
Diese „mobile Formel“ ist eine Entdeckung unserer Seminarleiterin SC Moatti. Im Laufe ihrer Tätigkeit bei Facebook, Trulia und Nokia wirkte sie an mobilen Produkten mit, die heute millionenfach genutzt werden. Wohl nicht umsonst wird sie der „genius at making mobile products people love” genannt. Heute berät Moatti Firmen bei der erfolgreichen Entwicklung mobiler Produkte, ist Autorin des Buches „Mobilized: An Insider’s Guide to the Business and Future of Connected Technology“ und gibt Kurse wie diesen. Das Buch haben zu Seminarbeginn die meisten von uns gelesen, einige lassen sich ihr Exemplar von der Autorin signieren. Ein Buch mit einfachen Formeln und Tipps für das Bewältigen der mobilen Revolution.
Meine erste Stunde beginnt, natürlich interaktiv: Zunächst im Plenum, dann in Kleingruppen diskutieren wir die Frage, inwieweit das mobile Produkt einen kulturellen Wandel, einen riesigen „Mindset Shift“ bedeutet – für die User und auch für dessen Entwickler. Schnell füllt sich unser digitales Notizbuch mit spontanen Eindrücken und Gedanken: Mobile Endgeräte sind Inkubatoren völlig neuer Business-Modelle; ihre Funktionen sind Motoren des wirtschaftlichen Wachstums und ändern das tägliche Leben im privaten und geschäftlichen Umfeld grundlegend; Verbraucher generieren enorme Werte aus mobilen Technologien und erwarten, dass mobile Geräte ihr Leben kontinuierlich verbessern, jeden mit jedem verbinden, eine Bandbreite an immer neuen Services bieten, alles Wünschenswerte ermöglichen – Fotos teilen, Taxi rufen, Wege finden, Einkäufe tätigen, die Heimelektronik von unterwegs aus steuern, per App im Hotel einchecken, den aktuellen Gesundheitszustand checken; das Smartphone ist unsere Fernbedienung zur Teilnahme an der Cloud, in der niemand mehr an seinen Schreibtisch oder andere immobile Einschränkungen gebunden ist – wer eine Idee hat, teilt sie unverzüglich übers Netz, und andersherum hat jeder unmittelbaren Zugang zu den Ideen anderer; geteilte Lebenserfahrungen, von unzähligen Menschen genutzt und addiert, dienen gleichermaßen der Arbeitsproduktivität und machen das Dasein leichter …
Ja, unser Leben tragen wir heutzutage mit unserem Smartphone herum. Und noch weit darüber hinaus erwarten wir von ihm genau das, was wir von uns selbst und jedem anderen Gegenüber erwarten: Es muss toll aussehen, sich auf die wichtigsten Dinge konzentrieren, permanent an die Umgebung anpassen können. Einen „attractive body, spiritual maturity, and a masterful mind“ nennt Moatti das. Und eben diese Trilogie aus Mind, Body und Spirit bildet die Basis ihrer „Mobile Formula“.
Schon in diesen ersten beiden Seminarstunden ist deutlich geworden: Unternehmen, die diese mobile Revolution nicht schaffen, sind ruckzuck weg vom Markt. Und dazu zählen bereits dereinst so namhafte Firmen wie Kodak, Motorola, Blackberry, Nokia – um nur einige zu nennen.
Prof. Dr. Sabine Remdisch
Digitaler Fingerabdruck:
„Die Führungskraft auf Distanz wird weniger als Entscheidungsträger gebraucht, stattdessen müssen ihre Hauptfähigkeiten im Beziehungsmanagement liegen.“
· Permalink